Erzählungen aus der indischen Diaspora in Deutschland
Von Edward Nazarath
Übersetzt aus Malayalam und Herausgegeben von Jose und Asok Punnamparambil
Voraussichtliche Erscheinung im Draupadi Verlag: August, 2019
In den 1960er und 1970er Jahren kamen ca. 5.000 junge Frauen aus dem südindischen Bundesstaat Kerala nach Deutschland, um hier als Krankenpflegerinnen ausgebildet zu werden. Die meisten von ihnen stammten aus traditionellen christlichen Familien, deren Lebensgrundlage die Landwirtschaft war. Das Leben und Wirken in einer urbanen Gesellschaft mit völlig fremden Normen und Verhaltensweisen war für diese jungen Frauen aus einfachen Verhältnissen am Anfang nicht leicht. Im Laufe der Zeit haben sie jedoch nicht nur diese anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten bewältigt, sondern auch pflegerische Berufe erlernt, eine
berufliche Tätigkeit aufgenommen und sich erfolgreich in die deutsche Gesellschaft integriert. Die meisten von ihnen heirateten dann Männer aus ihrer Heimat, gründeten Familien und führten ein soziales Leben mit Kindern, Freunden und Nachbarn in Deutschland. In den 1970er und 1980er Jahren gehörten diese Familien zu einer der größten Gruppen der indischen Diaspora in Deutschland.
Alle Erzählungen in diesem Band haben das Lebensmilieu solcher indischen Familien zum Hintergrund. Der Autor selbst lebt in einer von ihnen. Er kam 1974 durch Heirat mit einer hier lebenden indischen Krankenschwester nach Deutschland und lebte hier mit seiner Familie bis 2018. Bald nach seiner Ankunft begann er in seiner Muttersprache Malayalam Erzählungen über seine Erfahrungen in Deutschland zu verfassen. Glücklicherweise bot sich damals durch eine vom Caritasverband für die Stadt Köln herausgegebene Zeitschrift in Malayalam „Ente Lokham“ („Meine Welt“) die Möglichkeit, seine ersten Erzählungen zu veröffentlichen. Er publizierte dann öfters seine Kurzgeschichten, nicht nur in „Ente Lokham“, sondern auch in anderen Zeitschriften in Deutschland und in Kerala (Indien). Bis jetzt hat er vier Bände seiner Erzählsammlungen veröffentlicht.
Edward Nazareth (bekannt unter dem Pseudonym „Mukkadan“) schreibt in einer einfachen Sprache aus seinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen in Deutschland. Deshalb strahlen seine Erzählungen eine seltene Wärme und Authentizität aus. Der Anpassungszwang in einer fremden Kultur, die Sehnsucht nach den eigenen Wurzeln, die erlebten Diskriminierungen, die Einsamkeit im Alter – dies sind einige seiner Themen. Er verwendet keine hochraffinierten Erzähltechniken, die Geschichten fließen spontan, gespeist aus seinem Leben als Fremder in einer hochentwickelten westlichen Gesellschaft. Viele seiner Protagonisten erleben eine immer wiederkehrende Sehnsucht nach der Heimat, die sie vor Jahren verlassen haben.
Die Erzählungen in diesem Band sind nicht nur Beschreibungen von Lebenssituationen der Inder als Migranten, sondern auch Rückmeldungen an die hiesige Gesellschaft über ihre Gefühls- und Empfindungswelt. Ohne Beschönigung sagt der Autor, was es bedeutet, als Ausländer in einem fremden Land zu leben. Dabei vergisst er nicht, die positiven Erfahrungen zu erwähnen.
Die Einmaligkeit dieses Bandes liegt darin, dass solche literarischen Werke – verfasst von Indern, die in Deutschland leben – in der Vergangenheit kaum erschienen sind. Es ist das erste Mal, dass ein von einem indischen Migranten in seiner Muttersprache Malayalam verfasster Erzählband in deutscher Übersetzung erscheint. Wir hoffen, dass das Werk unter den hier lebenden Indern und ihren deutschen Freunden und Bekannten auf großes Interesse stößt.
Jose Punnamparambil